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News vom Marketing-Club Neckar-Alb
Der Schritt vom Digitalen zu Analogen
MCNA on Tour // Januar 2024
Ob E-Sports wirklich eine sportliche Betätigung sind, mochte bei der Januar-Veranstaltung des Marketing-Clubs Neckar-Alb keiner der Referenten von Sportfive in der Tiefe erörtern - mussten sie auch nicht, denn die in Hamburg ansässige Marketing-Agentur kümmert sich um beides. Und dass die physische Welt und der virtuelle Raum nebeneinander bestehen können, zeigte sich schon darin, dass Paul Krebs es von der regionalen Niederlassung in Stuttgart persönlich in den Presseraum des Reutlinger Kreuzeiche-Stadions geschafft hatte, während sein Kollege und Gaming-Experte Niklas Rußkamp, bedingt durch den Bahnstreik, von der Projektionswand grüßte.
"Die Alternativen für die Zielgruppen werden immer zahlreicher", deutete Moderator Christoph Koppensteiner in de Einführung an, warum der Club den von Roland Bertler vermittelten Kontakt zu Sportfive gerne genutzt habe. Paul Krebs setzte gleich mit einer großen Zahl nach, warum sich der Abend um ein "Riesenthema" drehe: "Gaming erzielt mittlerweile weltweit einen Jahresumsatz von 214 Milliarden US-Dollar, das ist das Vierfache von Film und Musik zusammen." Dazu brachte Krebs die Demographie mit ins Spiel: Während das Publikum traditioneller Sportarten im Durchschnitt über 35 Jahre alt sei, liege die stark wachsende Fangemeinde von E-Sports beim Mittelwert von 21 Jahren. Wer, nicht zuletzt als Arbeitgeber, Technik-affine junge Menschen erreichen wolle, finde bei E-Sports ein geeignetes Umfeld. "E-Sports ist jetzt Mainstream", bekräftigte Krebs, dass es nicht um Nischen gehe.
Niklas Rußkamp knüpfte in seinem Teil der Präsentation an diesen Punkt an: "Gaming ist keine Schande mehr." Dennoch griff er in seinen Ausführungen zu Teams und Wettbewerben besonders das "familienfreundliche" Strategiespiel "League of Legends" heraus, in dem Gruppen von jeweils fünf Personen mit unterschiedlichen Rollen und Aufgaben gegeneinander antreten. Die weitverbreitete Fußball-Simulation von Electronic Arts nannte Rußkamp als Beispiel für den stark steigenden Frauenanteil in der Szene. Über "Counterstrike" sprach er weniger, denn "bei Shootern muss man ein bisschen vorsichtig sein". Er sagte aber immerhin so viel, dass Saudi Arabien dafür 2 Milliarden Dollar ausgegeben habe, also noch deutlich mehr als für Christiano Ronaldo. Eine augenfällige Gemeinsamkeit der von ihm genannten E-Sports-Titel ließ Rußkamp indes unerwähnt: Sie basieren allesamt als Modifikationen oder Weiterführungen von Jahrzehnte alten Spielereihen. Gewachsene Strukturen zeigte er dafür im Bereich des Casual Gaming auf: Zur Entspannung erfreuten sich nach wie vor Online-Landwirtschaftssimulatoren größter Beliebtheit, über die sich hervorragend regionalisiert Werbung ausspielen lasse.
Damit kam Rußkamp auf den kommerziellen Kern der Vermarktung von E-Sports. Demnach tragen drei Säulen das Geschäft: Die Teams beziehungsweise Spielerinnen und Spieler wirken als Influencer. Großveranstaltungen bieten vor Ort Raum für Präsenz und direkten Kontakt. In der Folie stand dazu:"Aktivieren Sie Ihre Marke mit verschiedenen Aktivierungen." Mit Beispielen wie einer Berufsmesse im Rahmen der Kölner Gamescom wurde Rußkamp wesentlich konkreter. "E-Sports-Fans sind die Führungskräfte von morgen", unterstrich Rußkamp anhand einiger Statistiken, dass sich nicht nur im IT-Bereich die Ansprache dieser Zielgruppe lohne. Schließlich gab Rußkamp einen Einblick in das Ligen-System im E-Sports, das von der regionalen Ebene bis in den Spitzenbereich "nachhaltige Verbindung zu den Teams" schaffe und "paneuropäische Kommunikation" ermögliche. Dem Engagement von Unternehmen komme besonders entgegen, dass es im E-Sports keine verfeindeten Fanlager gebe. Und im Kontext des E-Sports sei die junge Zielgruppe für die Botschaften von Sponsoren recht offen. Rußkamp skizzierte die typische Zuschauer-Situation, wonach der Chat zum Livestream des Spielgeschehens den Zugang zum Publikum ermögliche, das ansonsten im Internet einen Ad-Blocker nutze. Auf diesem Weg bringe der Sponsor einer von Sportfive vermarkteten Liga täglich 8 Millionen Gutscheincodes für Schokoriegel an die Adressaten.
Der etwas skeptischen Anmerkung von Johannes Fiedler zum gesundheitlichen Aspekt hielt Krebs sein eigenes Bewegungspensum entgegen und eine Erhebung, wonach E-Sports-Fans überaus aktiv seien. Als Club-Präsident Michael Rampf danach fragte, wie Unternehmen auf aufstrebende E-Sportler aufmerksam werden können - "in der Zeitung stehen die nicht" - streckte Krebs den Zeigefinger lächelnd in Richtung der anderen Straßenseite: "Fragen Sie an den Hochschulen". Überhaupt sei E-Sports mehr als nur Zeit vor dem Bildschirm, auch wenn die Profis in Vollzeit trainieren. Persönlicher Kontakt sei essenziell, etwa wenn es darum gehe, ein eigenes Team auf die Beine zu stellen: "Dazu sollten Sie vorher schon einmal eine LAN-Party organisiert haben. Das ist der Schritt vom Digitalen zum Analogen", empfahl Rußkamp.