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News vom Marketing-Club Neckar-Alb

Aus Netzwerken Allianzen schmieden

MCNA Lunch & Learn // Juni 2024

Gutes kommt manchmal im Doppelpack, so auch beim Veranstaltungsformat "Lunch & Learn" im Tübinger Restaurant Japengo, wo Managementberater Wolf Hirschmann im Juni den Club-Mitgliedern zum Menü seine "Gebrauchsanweisung für die Zukunft" servierte. Von Mittagspause konnte dabei keine Rede sein, was auch zu Hirschmanns These passte, dass es in der Wirtschaft mit den Zyklen und Ruhephasen vorbei sei: "Konjunktur bezieht sich auf Firmen, weniger auf Branchen."

Davon nahm Hirschmann, nach eigener Aussage gelernter Werbekaufmann und seit den Achtzigerjahren selbstständig, auch sein eigenes Unternehmen nicht aus. In der Anmoderation von Christoph Koppensteiner auf "Fluch und Segen eines personalisierten Geschäftsmodells" angesprochen, erklärte Hirschmann, dass er seine Filderstädter Firma Slogan mangels Nachfolger liquidiere. Aufsichtsrats- und Beiratsposten hielten indes seinen Blick weiterhin nach vorne gerichtet, erklärte Hirschmann. Und außerdem propagierte er in seinem Vortrag die "Kultur der Neugier".

"In großen deutschen Unternehmen wird auf der Führungsebene nur vier Prozent der Arbeitszeit auf Zukunftsthemen verwendet", benannte Hirschmann einen Ansatzpunkt für ebenso dringenden wie verdrängten Handlungsbedarf. Denken in abgeschlossenen Strukturen und das Schmoren im eigenen Saft sei dabei besonders hinderlich. Der Blick über den eigenen Tellerrand und das Knüpfen von Netzwerken sei da schon "etwas außergewöhnliches", aber es fehle oft der Mut, noch weiter zu gehen und echte Allianzen zu bilden. Als Negativbeispiel nannte Hirschmann den "Abfragevertrieb", der den Kunden immer nur die altbewährten Produkte verkaufe, anstatt ihnen die Innovationen näherzubringen. Als Innovation definierte er dabei nicht nur technische Neuerungen, sondern das sich notwendigerweise stets wandelnde Geschäftsmodel. "Fragen Sie sich angesichts von Digitalisierung und KI: Wer bezahlt für was in drei oder fünf Jahren?". Wobei fünf Jahre schon eher mit einem "Hauch von Hoffnung" behaftet seien. Die ständige Verfügbarkeit von Informationen führe zu einem transparenten Markt mit zunehmendem Kostendruck und steigender Wechselwilligkeit des Kunden, einer laut Hirschmann "total verwöhnten Person."

Um erklärungsbedürftige Produkte an anspruchsvolle Kunden zu bringen, sei nicht jeder Kanal geeignet. Hirschmann, hauptsächlich im B2B-Bereich unterwegs, berichtete von der Marktstrategie eines amerikanischen Herstellers von Elektrowerkzeugen, an der er gearbeitet hatte: "Das geht, kartellrechtlich abgesichert, nur über den qualifizierten stationären Fachhandel." Online-Plattformen seien ausgeschlossen. Gegen den Branchentrend habe der Umsatz in den letzten zehn Jahren deutlich zugelegt. Letztlich sei die Kommunikation das Wesentliche für das Geschäftsmodell: "Wir hungern alle nach Wissen und wir ersaufen in Information." Ähnliches gelte für das Arbeitgebermarketing: "Der Begriff Hidden Champion ist eigentlich Bullshit. Niemand wird sich künftig bei einem unbekannten Weltmarktführer bewerben." Dagegen gebe es Leute, die gerne 60 Stunden pro Woche für ein lächerliches Gehalt arbeiteten, "wegen der geilen Firma". Hirschmann forderte in diesem Zusammenhang einen "Wandel im Mindset" ein.

Was Hirschmanns Impulse brachten, wurde beim Dessert deutlich, als sich bereits eine angeregte Unterhaltung über das Thema Fehlerkultur entwickelte, bevor Kaffee und Zucker kickten. Laut Ralf Meckle, selbst vom Fach, erledige in Zukunft die KI "alles, was nach Schema läuft". Wer aber Neues wage, müsse Fehler einkalkulieren - soweit der Konsens. Markus Reisch, der im Club bereits Kaizen erklärt hatte, empfahl, am Prozess anzusetzen und den Fokus nicht auf den Fehler sondern auf die Maßnahme zur Verbesserung zu richten. Reiner Veit riet dazu, denjenigen, der den Fehler gemacht hat, in die Maßnahme einzubeziehen: "Dann gibt es auch jemand zu, wenn er einen Bock geschossen hat." Johannes Wagner merkte an, dass es zuweilen am einfachsten sei, das auftreten von Fehlern auszuhalten und darüber mit den Kunden zu sprechen, statt sich dafür zu schämen. Veit brachte es auf den Punkt: "Die Resilienz muss mitwachsen."