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News vom Marketing-Club Neckar-Alb

Kopfsachen und Bauchgefühl
MCNA on Tour // November 2024
Sponsoring-Aktivitäten von Unternehmen können Herzenssache, Verpflichtung oder auch Kalkül sein. Auf der Empfänger-Seite können über das Geld hinaus Sponsoren Netzwerke und Projekte entstehen, die von der öffentlichen Hand nicht finanziert werden können oder dürfen. Wie das mit geplant wird und mit Struktur vonstatten geht, diskutierte das Podium beim November-Clubabend in den Pfullinger Räumen des Malerbetriebs Anton Geiselhart.
"Sponsoring muss nachhaltig sein", gab Moderator Christoph Koppensteiner gleich zu Beginn der Runde einen gemeinsamen Nenner vor. Michael Rampf (RAMPF Gruppe), Roland Bertler (dataTec AG) und Thilo Schmid (Kreissparkasse Reutlingen) sprachen über ihre Voraussetzungen, Herangehensweisen und Erfahrungen als Sponsoren. Stefan Kurth von den Schwenninger Wild Wings und Carina Lottholz vom Naturtheater Reutlingen gaben Einblicke in ihren Umgang mit Geldgebern in Profi-Sport und hochklassigem Kulturbetrieb auf ehrenamtlicher Basis.
"Wir haben keine Dividende, die wir an Aktionäre auszahlen. Investitionen in die Attraktivität unseres Geschäftsgebietes sind Teil des öffentlichen Auftrags", machte Thilo Schmid gleich eingangs klar dass bei der Sparkasse die Frage schon immer nicht "Ob?" sondern "Wie?" laute. "Wir hätten es gerne branchenexklusiv und mit einer Geschäftsverbindung, Einzelpersonen fördern wir nicht", nannte Schmid einige Eckpunkte. Geographisch auf den Landkreis beschränkt, sei die Kreissparkasse thematisch breit aufgestellt "von der Abizeitung bis zu den Tagesmüttern". Als Hauptunterschied zwischen Sponsoring von Kultur und Spitzensport stellte Schmid den zeitlichen Horizont heraus: Das Engagement im kulturellen Bereich sei langfristig ausgelegt. Wo es um Titel oder Abstiege gehe, werde jede Saison neu verhandelt.
"Wir machen Sponsoring nicht, um mehr Gießharz oder eine Maschine zu verkaufen" verwies Michael Rampf auf das B2B-Geschäft "mit technisch erklärungsbedürftigen Produkten". Rampf nannte die Vorgehensweise seiner Unternehmensgruppe "semi-strategisch". Im Sinne des Arbeitgeber-Marketings "schauen wir an den Standorten, wo die Leute hingehen." Oft komme es durch Mitarbeiter zu einem Satz Trainingsanzüge oder Bandenwerbung bei einer Jugendmannschaft. In Breitensportveranstaltungen wie einem Charity Run binde das Unternehmen bewusst die eigene Belegschaft ein. Werbung auf den Trikots im Metzinger, Balinger und Pfullinger Handball, bei den Tübinger Basketballern oder eben auch beim Schwenninger Eishockey stellte Rampf den Gedanken gegenüber, etwas zurückzugeben. "Wir sind vor Ort auch eine Belastung", leitete er eine gesellschaftliche Verantwortung des Industrieunternehmens her, die künftig auch im Nachhaltigkeitsbericht abzubilden sei. "Ein Viertel unseres Budgets fließt in Soziales", sagte Rampf.
"Wir haben früher viel hin und her gespendet", ließ Roland Bertler anklingen, dass die Übergänge zwischen Wohltätigkeit, Mäzenatentum und zielgerichtetem Sponsoring fließend sein können. Klare Regeln seien deshalb allein schon dafür hilfreich, um auch Anfragen aus der eigenen Belegschaft wohlbegründet absagen zu können - unabhängig "vom persönlichen Faible". Generell sei ein prosperierendes Unternehmen dazu verpflichtet, etwa das Ehrenamt der Mitarbeiter, Vereine aber auch neue Technologien zu fördern. Als Beispiel für letzteres führte Bertler Mess- und Prüftechnik im Wert von 30.000 Euro an, die dataTec dem Reutlinger Innoport zur Verfügung gestellt habe. Die frühere Bandenwerbung beim VfB Stuttgart habe dataTec hingegen mit harten wirtschaftlichen Zielen verbunden. "Wir wollten damit Potenz zeigen und ein Signal an die Geschäftspartner und den Wettbewerb senden." Derzeit gehe es vorrangig um die "Work-Heimat-Balance."
Dass in der Eishockey-Profiliga gleichsam zum Fußball nur auf die Zahlen und Zahlungen geschaut werde, diesen Eindruck mochte Stefan Kurth nicht entstehen lassen. Sein Beitrag war durchaus von den Emotionen geprägt, die sein Sport mit "Leidenschaft und harter Arbeit" bei den Zuschauern und auch Geldgebern wecke. Eishockey profitiere in Deutschland von den Ergebnissen der Nationalmannschaft und in Schwenningen besonders von der letzten Saison, die erst im Playoff-Viertelfinale endete. Kurth gab zu bedenken, dass nicht nur der Profikader Geld koste, sondern vor allem auch der Unterbau der Jugendmannschaften teure Eiszeiten und Ausrüstung benötige. Die Wild Wings und ihr Stammverein SERC böten entsprechend Möglichkeiten zum Engagement in unterschiedlichsten Formen und Preiskategorien. Wichtig war es Kurth, die Vernetzung und regionale Identifikation außerhalb der Spielzeiten zu betonen: "Da entstehen Kontakte und Freundschaften."
Auch eine Freilichtbühne zählt die Saisons. Carina Lottholz, theaterüblich kurzfristig als souveräne Zweitbesetzung eingesprungen, rechnete aber in ganz anderen zeitlichen Kategorien als im Sport. "Wir ehren Vereinsmitglieder für 75 Jahre Mitgliedschaft", sprach Lottholz über die Säulen des Naturtheaters, die seit 100 Jahren den Spielbetrieb im Wasenwald tragen. Kultur als Werbeträger habe den großen Vorteil, in der breiten Gesellschaft positiv wahrgenommen zu werden und das Publikum bei den Gefühlen zu packen: "Wir nehmen nicht nur Geld, wir geben auch Emotionen." Und dies mit Aufführungen aus komplett unterschiedlichen Epochen und für andere Zielgruppen: "Jedes Spiel ist bei uns anders." Die Mittel aus der öffentlichen Hand seien für die Bühne essenziell, jedoch flössen die staatlichen Zuwendungen nur nach langem Vorlauf und seien zweckgebunden. Sponsoren ermöglichten mehr Flexibilität, warb Lottholz für eine lebendige Kultur insgesamt. So biete der Erweiterungsbau des Naturtheaters auch anderen Vereinen und Gruppen Platz.
Ganz ohne emotionalen Bezug ist Sponsoring eine kalte Angelegenheit. Das wurde auch in der Abschlussrunde deutlich, in die Koppensteiner die TUSSIES- beziehungsweise Tigers-Manager Ferenc Rott und Phillipp Reinhart mit einbezog. Hier landete Theater-Frau Lottholz einen Wirkungstreffer, indem sie sie sich gegenüber gut eingebettetem Product Placement lächelnd offen zeigte. Romeo mit Trikotsponsor würde aber wohl nicht passen.