Was bei uns los ist
News vom Marketing-Club Neckar-Alb

Die vielleicht künftig größte Firma der Welt
MCNA vor Ort // Juni 2024
"Wenn Sie heute vor Investoren stehen, dann müssen Sie KI sagen", so der Tipp von David Reger an alle, die für Zukunftsthemen Geld einsammeln. Der Gründer und CEO von Neura Robotics muss es wissen, wie er beim Club-Abend im Juni in Metzingen und Riederich eindrucksvoll unter Beweis stellte: Enorm war nicht nur seine Vision vom Anwendungsbereich für kognitive Robotik, nämlich "alles, was noch nicht automatisiert ist", sondern auch die eine oder andere aktuelle Zahl, die er für das gerade einmal fünf Jahre alte Unternehmen nannte.
Wenn Reger auch vom Kinderzimmer auf- und Spülmaschinen einräumen als absehbare Roboter-Betätigungen in Haushalten sprach, liegt das Hauptaugenmerk derzeit auf der Industrie: "Unser Auftragsbestand beträgt 1 Milliarde Euro. Wir müssen nur die Kunden bei Laune halten und liefern", fasste Reger den aktuellen Stand der Dinge im Betrieb launig zusammen. Während Moderator Christoph Koppensteiner in seiner Einleitung vergleichsweise vorsichtig KI mit dem Technologiesprung bei der Erfindung des Buchdrucks verglichen hatte, ging Reger in die Vollen: "Künstliche Intelligenz ist der größte Fortschritt in der gesamten Menschheitsgeschichte" - und Neura gebe ihr einen Körper. Ziel des Unternehmens sei nicht weniger, als dadurch die Nummer 1 in der Robotik, "dem größten Zukunftsmarkt überhaupt", zu werden. "Wenn wir erst einmal durch den Flaschenhals durch sind, werden wir das erreichen." Wie Neura Robotics mit dem selbst vorgegebenen Tempo Schritt halten will, dazu hatte Chief Growth Officer Dr. Bernd Heinrichs, selbst langjährig in großen Konzernen verantwortlich, einen einprägsamen Satz: "Wir müssen das, was wir entschieden haben, auch wirklich machen."
Den Weg an die Spitze schlägt Neura in der angepeilten Schlüsselrolle als Plattform-Anbieter für die gesamte Industrie ein. Als Wettbewerbsvorteil stellte Reger die Skalierbarkeit seiner Systeme heraus: Während bisherige Fertigungsroboter in der Industrie auf eine Vielzahl weiterer Spezialisten für die Einrichtung von Kameras und Sensoren angewiesen seien und dann die Hardware immer noch separate Anwendungsprogramme brauche, biete Neura alles aus einer Hand und der kognitive Roboter lerne, sich seiner Umgebung und Veränderungen anzupassen. Laut Reger arbeiten bereits fünf der zehn größten Roboter-Hersteller mit der Neura Plattform. "Die geben teilweise unsere Technologie als eigene Entwicklungen der letzten acht Jahre aus", grinste Reger zu der Vorstellung, den Markt zu erobern, "ohne dass uns jemand kennt." Allerdings: "Als Hidden Champion geht es heute nicht mehr. Wir müssen mehr zeigen als der Wettbewerb und bei Messen hauen wir richtig drauf."
Nach dem Ortswechsel nach Riederich zeigte Reger einen Schweißautomaten, der mit hoher Qualität, Anpassungsvermögen und einfacher Bedienung Abhilfe in einem Mangelberuf schaffen könnte: "Wir müssen der Maschine nicht mehr sagen, wie sie etwas macht, sondern welches Ergebnis herauskommen soll." Ohne Kollege Mensch geht in den sechs Gebäuden an der Industriestraße indes noch nichts. Dass Roboter andere Roboter bauen, sei aber keine allzu leise Zukunftsmusik, betonte Reger die rasanten Veränderungen in der Branche: "In zwei Jahren redet auch niemand mehr darüber, ob ein Roboter rollt oder läuft." Dass es dennoch nicht ohne mühsame kleine Schritte geht, wurde beim Vorführen des "Dialogs" mit einer Sprachsteuerung deutlich. Freilich: Die Crux am Turing-Test ist, dass man nicht unbedingt bemerkt, wenn ihn der Computer besteht. Regers Botschaft kam jedenfalls an, wonach die kognitive Robotik das "nächste große Ding" sei und für den Standort Deutschland wenigstens so bedeutend werde wie einst die Automobilindustrie - ein Miteinander in der Wirtschaft vorausgesetzt. Und so blieben von der Zeit bei Neura viele Momente, die nicht so schnell verloren gehen werden wie Tränen im Regen.